Montag, 14. Februar 2011

1867: Oberamtsbeschreibung von Oferdingen (2)


Die Kirche, von dem früheren noch ummauerten Friedhof umgeben, steht sehr schön und malerisch auf der höchsten Stelle am Nordostende, auf der natürlich sehr festen Kuppe, die gegen Norden steil gegen den Neckarfluß abfällt, gegen Osten durch die tiefe felsige Waldschlucht von der übrigen Hochfläche getrennt wird. Man hat von hier herrliche Ausblicke an die nahe Albkette, namentlich an den Hohenneuffen, und über das anmuthige Neckarthal hinweg an den waldigen Schönbuch; zudem gibt die alterthümliche Kirche selbst ein äußerst ansprechendes Bild. Ihr Schiff, abgebrannt 1638 und bis auf einige Mauerreste neugebaut 1655, bietet nichts besonderes, dagegen stammen der hohe Chor und die zwei untern, aus mächtigen Quadern aufgeführten Geschosse des großen, im Westen stehenden Thurmes noch aus der frühesten gothischen Zeit. Das dritte Geschoß des unten 8′ dicken Thurmes hat große spätgothische schöngefüllte Spitzbogenfenster und vier prächtige steinerne Dachspeier an den Ecken der zweiten Stockwerksgurte. Der jetzt mit einfachem Satteldache bekrönte Thurm hatte früher ein sehr hohes Zeltdach. Durch seine Westseite führt ein großes reichgegliedertes spätgothisches Portal; um die Basis eines der Rundstäbe schlingt sich ein eichhornartiges, in Stein ausgehauenes Gethier; außerdem zeigt der Thurm nur schmale Schießscharten. Der Chor ist rechteckig in hohen strengen Verhältnissen und Formen errichtet; seine Ostecken werden gestützt durch starke Strebepfeiler, die schlanken Fenster haben noch das ganz strenge schlichte kraftvolle Maßwerk. Im Innern ist das Schiff flach gedeckt, der Triumphbogen sehr spitzig; der Chor mit einem hohen frühgothischen Rippenkreuzgewölbe überspannt, und seine Wände sind noch ganz bedeckt mit alten Fresken, die leider weiß übertüncht wurden. Die im Zopfstil gehaltene Kanzel zeigt an der Brüstung die in Öl gemalten Bilder der vier Evangelisten; an der Südwand des Schiffes hängt ein großes schlankes, sehr altes Krucifix; der schlichte achteckige Taufstein ist auch frühgothisch; die alte nördlich angebaute tonnengewölbte Sakristei besitzt zwei Opferbecken aus dem 16. Jahrhundert, auf deren einem der Sündenfall dargestellt ist. Von den drei Glocken hat die größte auf einem Schildchen die Inschrift: Hans Conrad Mach von Schafhausen gos mich 1655; auf der zweiten Glocke steht: Ludwig Neubert goß mich in Ludwigsburg anno 1778, auf der dritten: Gegossen in Reutlingen von Kurtz 1850. Die den alten Friedhof umgebende Ringmauer ist 4′ dick und aus schönen großen glattbehauenen Quadern aufgeführt, die einem sehr alten Gebäude angehört haben müssen.

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